Unser Ebertplatz

Nominierung / kommunikative Stadtgestaltung

Beschreibung

‚Unser Ebertplatz‘ ist ein partizipatives Stadtentwicklungsprojekt unter der Koordination der Stadt Köln in Kooperation mit lokalen Initiativen, Künstler*innen, Vereinen, Bürgerzentren, Bildungseinrichtungen und vor allem der Zivilgesellschaft, um den Ebertplatz wieder in einen vitalen öffentlichen Raum zu transformieren. Neben der Wiederinbetriebnahme des Brunnens und gestalterischen Aufwertungen wurden in Kooperation mit bisher rund 300 Partner*innen Ausstellungen und Kulturveranstaltungen, Diskussionen und Lesungen sowie zahlreiche partizipative Formate entwickelt und durchgeführt. Der Ebertplatz ist Experimentalraum und Reallabor, welches über drei Jahre das Potential von Zwischennutzungen erforscht, aber auch Ideen für den bereits beschlossenen Umbau des Platzes generiert.

Ziel

Die Zwischennutzung ist ein offener Prozess mit dem Ziel, das Engagement von Bürger*innen zu aktivieren und die Identifikation mit dem Platz zu stärken. Ein „Problemplatz“ soll durch Beteiligung von Nachbarschaft, Kunstszene und weiteren Akteur*innen wieder zu einem attraktiven öffentlichen Ort werden. Zudem wird durch den Aufenthalt weiterer Milieus die soziale Kontrolle und hierdurch das subjektive Sicherheitsempfinden gestärkt. Das Reallabormodul soll relevante Bedarfe der Platznutzer*innen an den Ort identifizieren, um diese bei der langfristigen Umgestaltung zu berücksichtigen und in die Ausschreibung einzupflegen. Gemeinsam sollen Antworten auf die Frage gefunden werden, wie Planung und Bürgerschaft auf die sich wandelnden Anforderungen an den öffentlichen Raum reagieren können.

Herausforderungen

Der ehemalige Schmuckplatz wurde als Abschluss bzw. Auftakt der Kölner Ringstruktur in den 1970er Jahren als Produkt einer PKW-orientierten Planung im Stil des Brutalismus umgebaut. Das Platzkonzept mit seinen hexagonalen Strukturen, den unterirdischen Fußgängerpassagen und der großen versiegelten Fläche mit Brunnenskulptur funktionierte zunächst. Nachdem der Brunnen abgestellt und die Pflege aufgrund der geplanten Umgestaltung vernachlässigt wurde, geriet der Platz in eine Abwärtsspirale, die 2017 in einem Tötungsdelikt gipfelte. Daraufhin machte der Platz als „Betonwüste“, „Unort“ und „Angstraum“ landesweit Schlagzeilen. Außer für die Besucher*innen zweier Tanzlokale, die kleine ansässige freie Kunstszene sowie Drogendealer und -konsument*innen war der Ebertplatz eher Transitzone.

Kooperationen

Das Gesamtprojekt wird durch das Stadtraummanagement (Dezernat Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Wirtschaft) sowie durch etliche weitere städtische Dienststellen, insbesondere das Kulturamt koordiniert, moderiert und umgesetzt. Projektanträge und Ideen werden in fünf Arbeitsgruppen diskutiert und beschlossen, in denen neben engagierten Anwohner*innen, Verwaltungsvertretern und Studieren-den insbesondere die sog. lokalen Pionierpartner*innen mitwirken; dazu zählen die freien Kunsträume, das Bürgerzentrum Alte Feuerwache sowie der Bürgerverein Eigelstein. Am Platz arbeiteten zudem bereits diverse Hochschulen, u.a. die RWTH Aachen sowie die KISD (Köln International School of Design). Hinzu kommen Kitas, Berufskollege, Sportvereine, Jugendhilfe, Nachhaltigkeitsinitiativen etc.

Mehrwert

Innerhalb kürzester Zeit ist aus einem „Unort“ ein „Inort“ mit Aufenthaltsqualität geworden. Das ganzjährige Programm und die Vielzahl an Besucher*innen konnten die soziale Kontrolle und damit die subjektive wie objektive Sicherheit erheblich erhöhen. Auch lässt sich in den angrenzenden Quartieren eine verstärkte Identifikation mit dem Ebertplatz erkennen – er ist nun „Unser Ebertplatz“. Ganz besonders herauszustellen ist die Zwischennutzung als transdisziplinärer Prozess, an dem städtische, akademische und ehrenamtliche Partner*innen beteiligt sind. Gemeinsam werden auf Augenhöhe neue Strategien für Koproduktion im urbanen Raum erforscht. Das Projekt wird über Köln hinaus als neuer Umgang mit öffentlichem Raum wahrgenommen, auch internationale Hochschulen besuchen den Ort.

Besonderheit

Die Strategie, mit welcher das Interimskonzept ‚ Zwischennutzung am Eberplatz‘ durchgeführt wird, ist in Köln bisher einzigartig. Zwischennutzungskonzepte waren bisher vor allem auf kulturelle Akteure im räumlichen Kontext vorwiegend industrieller oder gewerblicher Brachen ausgerichtet und wurden in der Regel als Bedarf ‚von unten/ bottom up' artikuliert. In diesem Fall handelt es sich um ein städtisches Projekt auf einem zentral gelegenen Platz unter Leitung diverser Ämter und Dezernate in Kooperation mit verschiedensten Initiativen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft. Die Arbeit mit engagierten Bürger*innen ist in dieser Intensität und Dauer ein Novum. Es entsteht ein neues Verständnis von Planung - als ergebnisoffener Forschungs- und Lernprozess für alle Beteiligten.