Spiegelfabrik

3. Platz / Urbanes Flächenrecycling

Beschreibung

Der Entwurf, bestehend aus zwei Kopfbauten und einem verbindenden, von wechselseitigen Galeriegängen erschlossenen Baukörper, ermöglichte auf dem Gelände einer ehemaligen Spiegelfabrik in Fürth die Realisierung eines gemeinschaftlichen, auf soziale und ökologische Kriterien ausgerichteten Wohnprojektes. Das Areal befindet sich zwischen der gründerzeitlichen Wohnbebauung entlang der Lange Straße im Südwesten und der Dr.-Mack-Straße im Nordosten, an welche die Auenlandschaft der Pegnitz anschließt. Das Grundstück ist von beiden Seiten her erschlossen und verläuft dabei quer zu einer geschosshohen Geländestufe. Von den Bestandsbauten konnte das Gebäude der alten Schmiede erhalten werden. Das Programm entstand in intensiver Abstimmung mit den Bewohner*innen und im Dialog mit der Stadt Fürth.

Ziel

Das Ziel war es, eine städtebauliche und programmatische Lösung für die Transformation des ehemaligen Industrieareals zu finden, die das Grundstück wieder in den städtischen Kontext integriert. Der Anspruch der Baugruppe an ein gemeinschaftsorientiertes Wohnen in einer diversen, generationenübergreifenden Hausgemeinschaft führte zu einer Mischung aus genossenschaftlichen Wohnungen und Wohneigentum. Die besonderen Eigenschaften des Grundstücks wurden in einen räumlichen Zusammenhang mit den geplanten Nutzungen und den Freiräumen gebracht. Hierzu gehören neben den Wohnungen Gemeinschaftsräume, Werkstätten und eine Parkgarage. Eine öffentliche Durchwegung begleitet das Gebäude von einer Straße zur anderen und überwindet den Geländesprung mit einer großzügigen Freitreppe.

Herausforderungen

Die Herausforderung war es, auf dem ungewöhnlichen Zuschnitt des Grundstückes ein komplexes Raumprogramm in einem dynamischen, partizipativen Planungsprozess zu realisieren. Sowohl die Aushandlung des Raumprogrammes als auch die Lage und Ausgestaltung der Wohnungen wurde erst durch eine robuste und ökonomische, dem Industriebau entlehnte Grundstruktur des Gebäudes ermöglicht. Eine Rahmenkonstruktion erlaubte in Verbindung mit einem Leichtbauwandsystem eine hohe Flexibilität im Bereich der Wohnungstrennwände, die eine horizontal und vertikal ausdifferenzierte Konfiguration der Wohnungen ermöglichte.

Kooperationen

Neben der partizipativen Planung innerhalb der Baugruppe und der Einbindung der Stadt und lokaler Akteure war die enge Vernetzung mit der Nachbarschaft von Anfang an ein wichtiges Anliegen. So ist das durch die Stadt geförderte Quartiersbüro innerhalb des Gebäudes ein zentraler Anlaufpunkt für nachbarschaftliche Anliegen und Initiativen im Quartier. Der zentrale Gemeinschaftsraum, der Spiegelsaal, soll perspektivisch auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.

Mehrwert

Ein Leitgedanke des gemeinschaftsorientierten Wohnens ist das Teilen von Ressourcen. So werden die individuellen Wohnungen durch großzügige Freiräume und Gemeinschaftsräume ergänzt, die zugleich Schnittmengen mit dem öffentlichen Stadtraum bilden. Darüber hinaus gab es einen hohen sozialen Anspruch an das Programm. Von den acht geförderten Wohnungen stehen vier für geflüchtete Menschen zur Verfügung, weitere Wohnungen der Genossenschaft werden von der Lebenshilfe Fürth e.V. angemietet. Eine weitere Wohnung wird durch den PEN-Club an Schriftsteller im Exil vergeben.

Besonderheit

In der Architektur spiegelt sich eine feine Balance zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. So teilen T-Stützen die Galeriegänge in einen den Wohnungen vorgelagerten Freiraum und den Erschließungsraum, der zugleich nachbarschaftliche Beziehungen auf den Geschossen entstehen lässt. In der Mitte des Gebäudes, unmittelbar an der öffentlichen Durchwegung, befindet sich als zentraler Gemeinschaftsraum der Spiegelsaal. Auch die Freitreppe bildet einen informellen Aufenthaltsort und kann bei Veranstaltungen zur Tribüne werden. Mit der Nachnutzung des vormals industriell genutzten Areals gibt das Projekt wichtige Impulse für die stadträumliche Transformation des Quartiers und hat mit der Etablierung innovativer Wohnformen gleichzeitig Modellcharakter.