Beschreibung
Das Bodenseeufer ist als exponierte Stadtkante prägend für die Entwicklungsgeschichte und die städtische Identität Überlingens. Ihre Form wirkte dabei als wesentliche Einflussgröße, die Aneignungsformen vermittelte und selbst durch die anthropogene Landnutzung modifiziert wurde. Das Konzept knüpft an diese Traditionslinie an und definiert die Ufersituation durch die Schaffung des Uferparks und der urbanen Promenade auf einer Strecke von 2,5 km neu. Beide Freiräume werden als Gegenpole entwickelt. So setzt die Promenade das urbane Leben in Szene. Im Kontrast dazu schafft der Uferpark im Zusammenspiel mit dem Bodensee und der eindrucksvollen Kulisse der Molassefelsen einen landschaftsbezogenen Resonanzraum. Park und Promenade wurden im Rahmen der Landesgartenschau Überlingen 2021 realisiert.
Ziel
Die Gestaltung der urbanen Promenade zielt auf die behutsame Einpassung neuer Akzente, die den Zusammenhang des Stadtraum erlebbar machen und seine historischen und identitätsstiftenden Qualitäten weiter tradieren. Der schmale Zuschnitt des Uferparks führt dazu, dass der Anspruch auf Freiraumnutzung und ökologische Belange sich hier räumlich überlagern. Daher setzt das Konzept auf die Synergien, die sich durch die gestalterische Vermittlung beider Aspekte entwickeln lassen. So gelang die Konversion einer ehemals heterogenen Gewerbe- und Campingplatzfläche zu einer bewegten neuen Uferlandschaft. Anstelle der früheren Ufermauer wurde eine strukturreiche Ufertopographie geschaffen, in der steile und flachere Bereiche abwechseln.
Herausforderungen
Die Gestaltung des etwa sechs Hektar großen Uferparks greift Aspekte des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses zur Biodiversität und Klimawirksamkeit auf und entwickelt daraus eine kulturlandschaftliche Perspektive. Dazu waren Freiraumnutzung und ökologische Aufwertung des Ufers in Einklang zu bringen. So fördert die geschaffene Wechselwasserzone die Dynamik des Austauschs zwischen Wasser und Land und initiiert eine ortsspezifische ökologische Entwicklung. Der See gewinnt bei Hochwasser an Raum. Gleichzeitig bietet die Szenografie des Parks Raum zur kontemplativen und spielerischen Aneignung. So ist der hinzugewonnene Strukturreichtum des Flach- und Steilufers nicht nur ein ökologischer Wert, sondern kann auch erkundet werden.
Kooperationen
Das Projekt ist in Stadtentwicklungsstrategien eingebunden, die von Kommunalpolitikern, lokalen Interessenvertretern (Freunde der Landesgartenschau Überlingen e.V., Verschönerungsverein Überlingen) und beteiligten Planern in Kooperation mit den zuständigen Ministerien des Landes Baden-Württemberg entwickelt wurden. In den Planungsablauf waren verschiedene Formate der Bürgerbeteiligung integriert (Bürgerwerkstätten und -spaziergänge, Fachgespräche, Workshops mit Schulkindern). Zur Neubepflanzung des Ufers mit einem Standrasen wurde in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Bodenseeufer (AGBU) und dem Botanischen Garten Konstanz von der Stadtgärtnerei Überlingen autochthones Pflanzenmaterial vermehrt und ausgepflanzt.
Mehrwert
Das Konzept zielt auf die Neuentdeckung von Vertrautem. So werden im Pflanzkonzept des Uferparks Arten der Kulturlandschaft mit Vertretern einer „klassischen“ Parkästhetik kombiniert, wodurch der Park ein besonderes Erscheinungsbild gewinnt. Verschiedene Strauchpflanzungen greifen motivisch die charakteristischen wärmeliebenden Gebüsche der Steilufer am Bodensee auf und kombinieren deren Arten mit diversen Schmuckgehölzen. Ein besonderes Entdeckungsfeld bietet ein Strandrasen mit ehemals verbreiteten Arten der Bodenseevegetation. Die gewonnene ökologische Vielfalt wird bestimmend für das Parkerlebnis und wird perspektivisch durch die Nutzungsarten und Nutzungsintensität selbst beeinflusst. Wer sich Parkufer aufhält wird dabei selbst relevanter und verantwortlicher Teil des Ökosystems.
Besonderheit
Der landschaftliche Konversionsprozess konnte mit einer weitgehend ausgeglichenen Auf- und Abtragsbilanz realisiert werden (Cut and Fill). So wurde der durch die Neumodellierung der Uferzone gewonnene Erdabtrag genutzt, um Geländebewegungen im Park zu modellieren. Die Freiraumnutzung wird im Uferpark als Aspekt der ökologischen Entwicklung angesehen. So kann sie zum Erhalt der Strandrasengesellschaften beitragen, indem sie Aufwuchs anderer Arten zurückgedrängt und so seltene Arten in ihrer Etablierung fördert. In dieser Weise werden vielschichtige Dynamiken initiiert, die die landschaftliche Situation des Bodenseeufers immer neu erlebbar werden lassen. Damit gibt das Konzept dem Unkontrollierbaren als gestalterisches Mittel einen konkreten Stellenwert für das Parkerlebnis.