Beschreibung
Auf einer zwischen zwei Schienensträngen gelegenen Restfläche der Deutschen Bahn wird ein Wohnprojekt für eine Baugemeinschaft realisiert. Für diesen Ort, der zentral, gut erschlossen und extrem laut ist, ist eine bauliche Lösung zu finden, die ruhige Wohnungen sowie angenehmen Aufenthalt im Garten und auf der Gemeinschafts-Dachterrasse ermöglicht. Der Blick über den sonnigen Humboldthain und zum Fernsehturm soll allen Bewohnern gleichermaßen zugänglich gemacht werden. Ein Haus wie eine Lärmschutzwand zur stark frequentierten Ringbahn mit ihren Güter- und Hochgeschwindigkeitszügen nimmt 36 Wohnungen auf und schafft einen beruhigten Südgarten mit Spiel- und - und Festplatz.
Ziel
Einerseits ist der Standort unglaublich lärmbelastet und grob, andererseits gibt es Qualitäten wie den unverbaubaren Blick in den Park und die unverbaubare Südsonne. Diese widersprüchlichen Eigenschaften sollen derart ins Verhältnis gesetzt werden, dass daraus ein wertvoller Ort zum Wohnen wird. Alle künftigen Bewohner sollten in gleichem Maße an den Vorteilen der Situation teilhaben, Fenster nach verschiedenen Himmelsrichtungen und lange Sichtachsen innerhalb der Wohnungen haben, Loggien auf der Südseite besitzen und alle sollen Zugang zur Dachterrasse erhalten. Für diese inhaltliche Aufgabenstellung sollte eine geometrische Lösung gefunden werden: Ein Trapez.
Herausforderungen
Das nach erster Einschätzung durch die Stadtplanung „für gesunde Wohnverhältnisse ungeeignete Grundstück“ soll sich durch das Projekt genau dafür qualifizieren. Auf die Fragen nach dem Schallschutz innerhalb (Wohnungen) wie auch außerhalb (Gartenanlage) sind städtebauliche wie baukonstruktive Antworten zu finden und mit den im Konflikt befindlichen Richtungen vor Ort (Ringbahn versus Park) in Übereinstimmung gebracht werden. Auf dieser Grundlage wird der Baukörper wie eine Schallschutzwand an der Hauptbahnstrecke ausgerichtet. Seine Schmalseiten folgen der Straßenkante einerseits und der Nachbargrenze andererseits. Die Innenwände orientieren sich an der Schmalseite und lassen Sichtbeziehungen über große Distanz zu. Die Folge sind dreieckige Loggien nach Süden mit großen Fenstern.
Kooperationen
Kooperationen fanden bei diesem Projekt auf unterschiedlichen Ebenen statt: Als die beiden Architekturbüros feststellten, dass sie sich konkurrierend für das Grundstück interessierten, beschlossen sie, sich gemeinsam darauf zu bewerben. In der Folge bildeten sie die ARGE, die für die im Entstehen begriffene Baugemeinschaft die Bebaubarkeit des Grundstücks ermittelte und später die Planung gemeinschaftlich erbrachte. Im Dialog mit den Baugemeinschaftsmitgliedern wurden deren Wünsche und Bedürfnisse ermittelt und in die Gesamtplanung integriert. Die Beratung und individuelle Planung der einzelnen Mitglieder wurde etagenweise zwischen den Architekten aufgeteilt, so dass jedes Büro „seine“ BauherrInnen betreute.
Mehrwert
Angesichts der Knappheit von Wohnraum und dafür geeigneten Grundstücken in den Ballungsgebieten wird hier ein schwieriges Grundstück für diese Nutzung qualifiziert. 36 Eigentumswohnungen werden in einem sozial eher unstabilen Umfeld geschaffen. Zusammen mit der Tatsache, dass sich die künftigen Bewohner während des Planungs- und Bauprozesses bereits kennengelernt haben, ist eine stabilisierende Wirkung auf das Umfeld zu erwarten. Durch den Neubau wird nun eine bis dahin klaffende Lücke im städtebaulichen Zusammenhang geschlossen. Der Neubau stärkt die stadträumliche Kante der Hochstraße und stellt einen erkennbaren Zusammenhang zwischen den beiden Teilen der Hochstraße über die Hochstraßenbrücke hinweg her. Wie ein Brückenkopf dient der Neubau als Orientierungspunkt im städtischen Gefüge.
Besonderheit
Die schwere Beton- Sandwich- Konstruktion bietet zusammen mit den dreifach verglasten Fenstern und schallgedämmten Lüftungselementen die Lösung für das Schallschutzproblem. Sie lässt einen hochwertigen Wohnungsbau mit durchgesteckten Wohnungen zu, die große Fensterflächen nicht nur zur Gartenseite sondern auch in Richtung der Bahntrasse anbieten. Unerwartet ruhig gestaltet sich die Dachterrasse, die sich in einer Höhe befindet, in der der Schall verfliegt. Die Gartenanlage profitiert von der Position des Baukörpers. Auch dort ist jetzt der Aufenthalt angenehm - anders als zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung, bei der die Redner immer wieder gezwungen waren, innezuhalten bis ein Zug vorbeigefahren war.