bauKULTURstelle

3. Platz / Soziale Quartiersentwicklung

Beschreibung

Das Projekt bauKULTURstelle umfasst den Umbau eines historisch gewachsenen Gebäudeensembles zur bürgerschaftlichen Bildungsstätte für Baukultur. Das Umbaukonzept greift die über Jahrhunderte in den Ort eingeschriebenen Prinzipien des Umbauens, Weiterbauens, Ergänzens, und Umnutzens auf. Die Baugeschichte wird hiermit nicht nur weitergeschrieben, sondern für Besucher:innen ablesbar und erlebbar gemacht. Hierfür wurde das nicht denkmalgeschützte ehemalige Wohn- und Geschäftshaus zu einer kleinen Veranstaltungsstätte mit großzügigen Lufträumen und Durchblicken umgebaut, während das Baudenkmal „Lehrerhaus“ unter behutsamer Sicherung als Anschauungsobjekt zugänglich gemacht wurde. Hinzugefügtes wurde hierbei in seiner Gestaltung konsequent vom historischen Bestand unterschieden.

Ziel

Mit dem engagierten Projekt des Dorfentwicklungsvereins Dingden wird vor allem ein ortsbildprägender, teils denkmalgeschützter Stadtbaustein vor seinem Verfall und Abriss durch den Erwerb und die Sanierung gerettet. Darüber hinaus hat der geplante Betrieb als Bildungsstätte für Baukultur die niedrigschwellige Vermittlung baukultureller Themen zum Ziel, die sich auch in der Architektur selbst widerspiegelt. Das zuvor kleinteilige Eckhaus wird für seine künftige Nutzung zu einem komplexen Raumvolumen zusammengefasst., welches die konstruktive Geschichte des Hauses sichtbar fortschreibt. Das Denkmal verbleibt so weit wie möglich in seinem bauzeitlichen Standard. In allen Räumen wird Neu von Alt, Denkmal von Nicht-Denkmal in Materialität, Farbe und Raumatmosphäre unterschieden.

Herausforderungen

Die Realisierung dieses Projekts aus bürgerschaftlicher Initiative mit geringen Eigenmitteln konnte nur durch ein komplexes Förderkonstrukt (LEADER, BKM, NRW-Stiftung, DSD), lokale Unterstützung, umfangreiche Eigenleistung, ein prozessuales Vorgehen, sowie architektonische Lösungen jenseits des Standards gelingen. Das einfache, aber konsequente Umbaukonzept versteht sich als Initialzündung für die öffentliche Nutzung. Es setzt auf Erhalt, Nutzbarmachung und Low-Tech und nutzt effizient die Ressourcen des Bestands. Im Denkmal wurde beispielweise auf eine bauphysikalische oder technische Ertüchtigung verzichtet. Auch die nicht denkmalgeschützte Veranstaltungsstätte bleibt unter dem Einsatz von zwei Pelletöfen niedrigbeheizt.

Kooperationen

In vorangegangenen Bauforschungen des LVR - Amt für Denkmalpflege im Rheinland - stellt sich das Baudenkmal Lehrerhaus in seiner ungewöhnlichen Ursprünglichkeit bereits als denkmalpflegerischer „Schatz“ heraus. Basierend auf den Untersuchungen haben die Architekt:innen in enger Abstimmung mit dem LVR ein denkmalgerechtes Umbaukonzept erarbeitet. Zwischen Bauherrinnen und Architekt:innen zeichnete sich die Zusammenarbeit bereits in der Planungsphase vor Allem durch eine starke partizipative Haltung aus. Schon früh wurde auch die Dorfgemeinschaft in den Prozess mit eingebunden. Im Rahmen von Aktionstagen haben Bürger:innen sich tatkräftig und ehrenamtlich eingebracht – von Abbruch- oder Anstricharbeiten, bis hin zum Binden von Strohdocken für das neue Denkmaldach nach historischem Vorbild.

Mehrwert

Mit dem Projekt bauKULTURstelle wird der Abwanderung kultureller Angebote aus dem ländlichen Raum aktiv entgegengewirkt. Durch Vernetzung mit weiteren lokalen Akteur:innen entstehen neue Angebote aus bürgerschaftlicher Initiative. Vor Ort passiert weit mehr als die Rettung eines ungewöhnlich ursprünglichen Baudenkmals vor seinem Verfall. Aus zuvor leerstehendem Privateigentum entsteht ein Ort für Alle – eine Neue Dorfmitte für Kultur, Begegnung und Gemeinschaft. Dieser soziale Mehrwert entsteht hier nicht erst mit der Inbetriebnahme als bauKULTURstelle. Bereits im partizipativen Entwicklungs- und Bauprozesses wird das Potential von Gemeinschaft gelebt, gestärkt und ausgeschöpft. Interessierte Bürger:innen bringen sich aktiv ein und identifizieren sich so schon früh mit dem Ort.

Besonderheit

Bereits die unkonventionelle Nutzungsbestimmung des Denkmals als „begehbares Exponat“ legte den Grundstein für Planungen jenseits des Standards. Die hierdurch möglichen baurechtlichen Abweichungen kamen der Denkmalpflege und den begrenzten Fördertöpfen zugute. Unter den Unwägbarkeiten und Kostenrisiken des historischen Bestands war auch im Bauprozess ein flexibles, prozessuales Vorgehen geboten. Unter ständigem Abwägen der Prioritäten wurde das stringente Gestaltungskonzept konsequent umgesetzt. Der Umbau reiht sich behutsam, aber klar ablesbar in die Baugeschichte dieses besonderen Ortes ein und setzt Alt und Neu in einen spannungsvollen Dialog. Durch Kontraste in Materialgestalt, Licht, Raumdimensionen werden die Raumatmosphären in Denkmal und Eckhaus spürbar voneinander unterschieden.