Bahnstadt Heidelberg, Konzept öffentlicher Raum

3. Platz / lebenswerter Freiraum

Beschreibung

Im Strukturwandelprozess der Bahnstadt Heidelberg wurden 116 ha ehemaliger Güter- und Rangierbahnhofflächen in ein modernes Wohn-, Wirtschafts- und Wissenschaftsquartier mit öffentlichen Grünzügen transformiert. Leitidee war eine nachhaltige Stadtentwicklung mit innovativer Passivhausbebauung, öffentlichen Grünraumstrukturen und Klimaschutz. Zum jüngsten Stadtteil der kurzen Wege gehört der 1,5 km lange warme Promenadenparkraum und der kühlere ‚Langer Anger‘ mit einer 5000 m3 regenwassergespeisten Wasserachse. Fußgänger und Radfahrer finden höchste Mobilität durch Anbindungen an Stadtteile, ÖPNV und Fernverkehr. Streifräume auf ehemaligen Bahnstottern schaffen ökologische Vernetzungsräume für Flora und Fauna. Im öffentlichen Freiraum entstehen unterschiedliche mikroklimatische Habitate.

Ziel

Ziel des Aufbaus des ,Null-Emission‘s‘-Stadtteils mit wenig gewachsenen Strukturen war ein öffentlicher Freiraum, der zur Förderung des sozialen und kulturellen Lebens unter lebendiger Mitwirkung der Bahnstadtbewohner an Ihrer Umwelt beiträgt. Die grüne Promenade ist für Jung und Alt ein Aufenthalts-, Spiel- und Aktionsraum. Interaktionselemente sind Sitz- und Liegemöglichkeiten auf Wiesen, Bänken an der Mauer und Hochbeeten, die auch zur Orientierung an Kreuzungspunkten dienen, sowie punktuell Spielplätzen, wie der Feuerwehrspielplatz. Der kühlere Lange Anger mit seinen Wasserflächen ist bei Hitze im Sommer, aber auch bei Eis im Winter ein sozialer Treffpunkt. Promenade und Langer Anger tragen zur Bildung von Nachbarschaften und einem Identitätsgefühl für das Wissenschaftsquartier bei.

Herausforderungen

Um als altlastenfreies, innovatives Stadtviertel zum Symbol eines gelungenen Strukturwandels zu werden, bedurfte es Grundlagen, wie eines umfassenden Energiekonzept, einer städtebaulichen Rahmenplanung und eines Konzeptes Öffentlicher Raum, die alle vom Heidelberger Gemeinderat beschlossen wurden. Durch die rechtlich verbindliche Passivhausbauweise wurde eine Reduzierung des Energiebedarfs um 50-80 % gegenüber dem durchschnittlichen Verbrauch bestehender Wohngebäuden möglich. Die linearen Freiräume verknüpfen Bestandsräume, authentische Bahnelemente und Natur- und Klimaschutz. Sie ermöglichen Blickbezüge zum Schloss und Naturraum Pfaffengrund, Königstuhl und Odenwald. 50 % des Regenwassers werden in den Wasserbecken des Langen Angers, 50 % auf den Grundstücken des Quartiers zurückgehalten.

Kooperationen

Die Stadt und die Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH) entwickelten und vermarkteten den Großteil der Flächen gemeinsam. Im neuen Stadtteil, in dem ca. 5000 Menschen leben und 7000 insbesondere in der Forschung arbeiten werden, wurden ca. 2 Milliarden Euro investiert. Neben energetischer Effizienz wurde sehr viel Wert auf einen ausgewogenen Nutzungsmix und die großzügige Gestaltung der Freiflächen gelegt. 2005 beauftragte das Stadtplanungsamt Heidelberg Latz + Partner mit dem Konzept Öffentlicher Raum, 2007 mit dem Freiraumkonzept als Überarbeitung der städtebaulichen Rahmenplanung. Das Landschafts- und Forstamt beauftragte die Realisierungen von Promenade und Langem Anger, die 2018 abgeschlossen wurden. Das Konzept der Bahnstadt scheint aufgrund anhaltender Nachfrage auf zu gehen.

Mehrwert

Der Leitbildprozess der Bahnstadt ist richtungweisend dafür, wie künftig auch für umfassende Bauvorhaben und ganze Städte das Passivhaus in einem nachhaltigen Freiraumkontext zum Standard werden kann. Es wird deutlich, wie eine weitsichtige Planung der lokalen Behörden zu einer nachhaltigen Entwicklung und zu einem hohen Maß an Lebendigkeit des Viertels, Zufriedenheit der Bewohner und Nutzer, Identitätsbildung, sowie zu Energieeffizienz, Natur- & Klimaschutz beitragen kann. Die Bahnstadt mit ihren Freiräumen, deren Qualitätssicherungsprozess durch das Stadtplanung-, sowie Umwelt- und Forstamt über 13 Jahre begleitet wurden, soll auf weitere Planungen und Entwicklungen in Heidelberg wirken. Auch andernorts wurde versucht, den Prozess sozialen und kulturell aktiven Stadtteils zu übertragen.

Besonderheit

Das neue Passivhausbauviertel lebt von architektonischer Innovation und der Mischung individueller Wohnformen mit urbaner Dichte, sowie von seinen öffentlichen Freiräumen. Diese ermöglichen Erholung, Spiel, Sport und interaktive Aktionen vor der Haustür. Auch wirken sie Identitätsfördernd. Parallel zum Bau von Infrastruktur, Architektur, Grünräumen und Plätzen entstand eine nachhaltige soziale Alltagskultur für Bürger unterschiedlicher Altersgruppen. Das urbane Modell des funktionsgemischten Stadtteils mit Wohn-, Büro-, Gewerbe- und Laborgebäuden, Schulen und Kindertagesstätten gewinnt seine hohe Lebensqualität auch, weil es die Stärken Heidelbergs mit modernen Mitteln in Öffentlichen Parkräumen fortsetzt, wie ökologische Vernetzung oder visuelle Anbindung an den Naturgrossraum.