Alte Kelter

Nominierung / Reaktivierte Zentren

Beschreibung

Seit 1532 ist die Alte Kelter ortsprägender Stadtbaustein der Winzergemeinde Kirchheim am Neckar. Durch eine behutsame Auswahl von Eingriffen und Ergänzungen erhielt die, durch die Spuren der Zeit patinierte Alte Kelter neuen Glanz im alten Gewand. Um zu alter Schönheit zurückzufinden, wurde das verdeckte Dachfachwerk freigelegt und ein Raum geschaffen, welcher sich sakral in die Höhe weitet. Bühnenvorhänge erzeugen eine überraschende Feierlichkeit und erzählen von der neuen Nutzung als Treffpunkt der Gemeinde. Geschaffen wurde ein historisch bedeutungsvoller Ort als Forum für Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie für den wöchentlichen Bauernmarkt. In direkter Nachbarschaft zu Kirche und Rathaus bildet die Alte Kelter nun den städtebaulichen Baustein zur Vitalisierung der Ortsmitte.

Ziel

Der Sanierungsstau der vergangen Jahrzehnte und die daraus resultierende Originalität und Einzigartigkeit des Ortes wurde als große Chance begriffen und es galt nun diese Atmosphäre zu bewahren und zu überhöhen. Strategie des Projekts war es einen Sanierungsprozess komplett neu zu denken. Nicht die wahrnehmbaren Veränderungen und Erneuerungen standen im Vordergrund. Vielmehr galt es nun die punktuell, fast unmerklich, respektvoll vorgenommenen Ertüchtigungen und Ergänzungen zu finden und zu definieren. Die Wertschätzung des Bestands mit all den für die Bürgerschaft identitätsstiftenden, historischen Spuren, sowie die narrativen Qualitäten der neu eingebrachten Materialien und Elemente waren die Parameter zur Umgestaltung der Alten Kelter.

Herausforderungen

Mit der Umsetzung der unkonventionellen Konzeption sollte geprüft werden, ob denn die zeitgenössisch üblichen und oft nicht mehr hinterfragten Standards an Eingriffen grundsätzlich notwendig bzw. dienlich sind. Das Prinzip ‚Weniger ist Mehr’ bedeutet im konkreten Projekt den Erhalt von historischen Qualitäten und die Minimierung von Eingriffen und Aufwänden, nachhaltig und kostenoptimiert.

Kooperationen

Einen bewahrenden Transformationsprozess für einen Ort mit dieser besonderen gesellschaftlichen Bedeutung für eine Gemeinde zu gestalten, bedarf viel Überzeugungsarbeit und den Mut von allen Beteiligten die verschieden Themenfelder unkonventionell anzugehen. Durch die Aufgeschlossenheit der Verwaltung und der Gemeinde diese höchst patinierten Oberflächen sowie Details zu erhalten, war es möglich den beschriebenen Transformationsprozess resolut zu verfolgen. Der intensive konzeptionelle Austausch zwischen Verwaltung, Kunstverein und Architekten bildeten die inhaltliche Basis zur Festlegung der Maßnahmen. Der kooperative Dreiklang von politischer Unterstützung, bürgerlichem Engagement und respektvoller Planung bildeten die Grundlage zum Gelingen des Projektes.

Mehrwert

Durch die Aufwertung der Alten Kelter wurde dem bislang eher funktionalen Ort eine neue Form der Festlichkeit verliehen. Ein eiserner Holzofen verbreitet wohlige Wärme gegen die in Jahrhunderten festgesetzte Kälte im Mauerwerk. Low Tech als Prinzip ist die Basis zum Erhalt der Aura. In seiner Wandelbarkeit dient der Raum nun der Bürgerschaft als Theater, Konzertsaal, Markthalle, Ausstellungsraum, Vereinsheim und Gemeindesaal gleichermaßen. Es wurde ein zeitgenössischer Ort mit überraschender Einzigartigkeit erschaffen, welcher zum Identifikationsraum der Bürgerschaft wird. Bei geöffneten Scheunentoren verschmelzen der öffentliche Stadtraum und der multifunktionale Raum der Alten Kelter was die kollektive Bedeutung des Orts nochmals stärkt.

Besonderheit

Der bewusste Verzicht auf die Anpassung des Gebäudes an zeitgenössische Standards bezogen auf raumprägende Elemente, Materialien und technischer Ausstattung bewahrt die Einzigartigkeit des Ortes. Die Maßnahmen der Eingriffe sind subtil gewählt und erzeugen eine positiv assoziative Aura. Die Eingriffe erscheinen unmerklich, die Gestalter nehmen sich zurück. Geplantes Nichtplanen erzeugt einen Ort der Gelassenheit, der Bescheidenheit und der Selbstverständlichkeit. Durch das bewusste Weglassen fast aller sonst üblichen Eingriffe, konnten die Kosten minimiert und der Anspruch an eine nachhaltige Konzeption erfüllt werden. Die Besonderheit, dass die gelebte Zeit in der Alten Kelter für die Bürgerschaft eine sinnliche Erfahrung war bleibt gewahrt und wird durch die neuen Maßnahmen nur gestärkt.