Beschreibung
Ex-Kaufhaus wird Kiez-Kreativkosmos: KALLE Neukölln ist das Projekt der Revitalisierung eines aufgegebenen Warenhauses mit dazugehöriger Hochgarage in der Karl-Marx-Straße, „Hauptschlagader“ des Berliner Bezirks Neukölln. In enger Abstimmung mit Politik und Behörden wurde ein völlig neuartiges Nutzungskonzept entwickelt. Umzudenken statt abzureißen war das erklärte Ziel. Der Bestand wird überführt in eine zeitgemäße Arbeits- und Genusslandschaft, die die Menschen wieder begeistern kann: Auf 40.000 qm Gesamtfläche – davon 4.000 qm Dachgarten, 26.000 qm Büro, 4.000 qm Retail und als Herzstück eine 6.000 qm große Halle für Gastronomie, Events und einen Indoor-Foodmarket – entsteht eine Umgebung voller Vielfalt, die Kollaboration, Kultur und Genuss auf allen Ebenen in Verbindung bringt.
Ziel
Mit Blick auf die Probleme unserer Innenstädte angesichts rasanter Veränderungen im Einzelhandel sollte hier ein „Urbanes Produkt“ entwickelt werden, das sich in seine Nachbarschaft re-integriert und die Menschen wieder in ihrem Alltag bereichern kann. Anstatt diesen Dreh- und Angelpunkt, den der Bezirk als Schlüsselimmobilie versteht, abzureißen, wird zeitgemäß neu programmiert und umgebaut. Originale Qualitäten werden erhalten, der Anschluss an die direkte Umgebung wiederhergestellt und ein fest in seiner Umgebung verankertes Gebäude wieder nutzbar und spannend gemacht. Als eine Art Prototyp zeigt KALLE Neukölln auf, wie große, brach gefallene Warenhäuser wieder mit Leben gefüllt werden können; und die Geschichte dieser Revitalisierung kann andernorts weitergeschrieben werden.
Herausforderungen
Der Strukturwandel im Einzelhandel erfasst bereits unzählige Innenstädte und wird sie verändern, auch öffentliche Räume neu konfigurieren. Also braucht es zukunftsorientierte Ansätze für den Umgang mit dem überholten Raumtypus „City-Kaufhaus“. Der enge Austausch mit einem sozialen und politischen Umfeld, das sensibel auf Veränderungen reagiert, war hier besonders wichtig. Auch bauökologische Herausforderungen spielten eine Rolle, denn der Abriss konventioneller Bestandsgebäude ist angesichts der großen Mengen an gebundenem CO2 grundsätzlich problematisch. Und nicht zuletzt leben Stadt- und Baukultur von Weiterentwicklung – Neuartiges, das Vergangenheiten nicht ersetzt, sondern aufgreift und als Teil der Erfahrung weiterhin zugänglich macht, ist dafür besonders wertvoll.
Kooperationen
Ein so komplexes Projekt kann nur durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Planungspartner mit sich ergänzenden Kompetenzen gelingen. Bereits allererste Ideen und Machbarkeitsstudien wurden mit der lokalen Politik und Verwaltung geteilt und im offenen Dialog weiterentwickelt. Die Themen waren vielfältig, u.a. galt es, architektonisch auf drei benachbarte Baudenkmäler zu reagieren. Die gemeinsame Verständigung erfolgte auch in Sachen Nutzungsstruktur und Mobilitätskonzept sowie im Sinne des sozialen und kulturellen Umfelds. Das originelle Ex-Kauf- und Parkhaus eignet sich dabei natürlich besonders für außergewöhnliche Anlässe: Kooperationen mit im Bezirk beheimateten Gruppen wurden aufgebaut und immer wieder Zwischennutzungen ermöglicht, u.a. im Rahmen des Kunstfestivals „48h Neukölln“.
Mehrwert
Für den Bezirk Neukölln, der dieses große ehemalige Kaufhaus als eine seiner Schlüsselimmobilien im lokalen Sanierungsgebiet und darüber hinaus begreift, war es wichtig, dass hier etwas mit starker Signalwirkung entsteht. Dem vielfach beklagten Niedergang klassischer Einzelhandelslagen begegnet das Projekt so, dass nicht nur die Mieter:innen, sondern auch alle Besucher:innen und die gesamte Nachbarschaft vom neuen Konzept profitieren. Die Nutzungsmöglichkeiten sind so vielseitig, dass das urbane Treiben hier– drinnen wie draußen, von Erdgeschoss bis Dach– fließen und immer wieder inspirierend sein kann. Die Story von KALLE Neukölln macht Hoffnung, dass auch der Wert anderer vermeintlich „toter“ Orte erkannt und ihr genius loci für eine erfolgreiche Neuinterpretation genutzt werden kann.
Besonderheit
KALLE Neukölln hat sicherlich die Rolle eines Pionierprojekts für die Revitalisierung von Warenhausstandorten und die Umnutzung innerstädtischer Parkhäuser. In den meisten Fällen wird heutzutage immer noch der vermeintlich einfachere Weg gewählt: Abriss. Es braucht durchaus Mut, den sehr spezifischen Gebäudetyp „City-Kaufhaus“ – verbunden mit entsprechenden Lagerflächen und in diesem Fall auch Parkplätzen – umzudenken und andere Nutzungen möglich zu machen. Zu Beginn stand man auch bei diesem Projekt vor der Entscheidung: Entweder abreißen, eine Zäsur vornehmen und etwas völlig Neues schaffen oder sich die Mühe machen, Bestehendes weiterzuentwickeln und originelle Strukturen genau zu untersuchen, um dann von hier aus eine neue Perspektive und ein zeitgemäßes Raumprogramm zu gestalten.