Beschreibung
Die Erschliessung des insgesamt 15 Hektar grossen Kellogg-Areals auf der Bremer Überseeinsel gilt europaweit als eines der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte. Auf einem ehemaligen LKW-Parkplatz erschliesst die Gemüsewerft gemeinsam mit Menschen mit Behinderung ein bislang unzugängliches 2.000 m² grosses Areal mit 80 Meter Weserufer zur urbanen Landwirtschaft mit Biergarten. Neben der Herstellung von Gemüse und Kräutern in mehr als 400 Hochbeeten wird Hopfen für einen lokalen Craftbier-Hersteller produziert. Der hochattraktive Standort bietet naturnahe Aufenthalts- und informelle Begegnungsmöglichkeiten in zentralster Lage und wird als grüner und inklusiver Bildungs- und Veranstaltungsort die Quartiersentwicklung noch vor Bezug durch BewohnerInnen bedeutsam mitprägen.
Ziel
Zentralste Ziele des Vorhabens sind die Umsetzung eines sozialraumorientierten Beschäftigungsprojektes für nicht-erwerbsfähige Menschen mit Behinderung, die Öffnung, Belebung und Revitalisierung des Quartiers, die Schaffung eines sozialen und informellen Begegnungsortes für alle Bevölkerungsgruppen sowie die Etablierung einer mikroklimawirksamen, biodiversen und naturnahen Grünfläche mit Gemüse-/Kräuteranbau und Honigbienenhaltung. Ein Craftbiergarten mit 150 Sitzplätzen entlang des Weserufers, der Verkauf von Jungpflanzen und saisonalem Gemüse sowie Bildungsveranstaltungen und (gastronomische, kulturelle) Events werden von April bis November angeboten und der Garten ist für BesucherInnen in dieser Zeit geöffnet.
Herausforderungen
Durch seinen umweltgerechten und inklusiven Charakter wirkt das Projekt bereits vor BewohnerInnenzuzug präventiv gegen die Entstehung von ausgrenzender Segregation und bietet der Überseestadt größtenteils fehlende nahräumliche Aufenthalts- und informelle Begegnungsmöglichkeiten. Als multifunktionale urbane Landwirtschaft mit naturnahen Aufenthaltsqualitäten vermittelt das Projekt nachhaltige Konsumgewohnheiten und Produktionsmuster und erfüllt eine Vielzahl an umweltpolitischen sowie städtebaulichen Nachhaltigkeitszielen, wie sie durch die internationale Staatengemeinde zwar identifiziert, jedoch bislang kaum städtebaulich realisiert wurden. Es ist ein Beispiel für grüne und nachhaltige Stadtentwicklung und versteht sich als Teillösung zur Umsetzung klimaresilienter Städte.
Kooperationen
Die Entscheidung zur Umnutzung des Platzes entstand in einer späten Planungsphase. Die nachträgliche Anpassung des städtebaulichen Rahmenplans entstand in Zusammenarbeit mit der senatorischen Behörde für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau (SKUMS), den Landschaftsarchitekten MAN MADE LAND und der Überseeinsel GmbH. Bereits während der Erschliessung wurde das Projekt von 1.500 Personen im Rahmen des städtebaulichen Beteiligungsverfahrens, in Zusammenarbeit Bildungsinstitutionen, Behörden und Firmen sowie von namhaften PolitikerInnen wie Renate Künast und dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung besucht. Das Projekt wird finanziell gefördert von Aktion Mensch, SKUMS und der Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
Mehrwert
Als 'Showroom' für Ernährung fördert das Projekt Lebensmittelkompetenzen im Hinblick auf Anbaumethoden, Kulturtechniken und Sortenvielfalt. Es vermittelt Kenntnisse zu Ernte, Verarbeitung und Zubereitung von Lebensmitteln, veranschaulicht Aufwand und Mühe des Herstellungsprozesses und wirbt für den saisonalen Konsum regionaler Lebensmittel. Tagungen, Workshops, Events, Konzerte und Führungen im Zusammenspiel mit unterschiedlichsten Akteuren etablieren das Vorhaben zunehmend als Veranstaltungs- und Diskussionsforum für gesellschaftspolitische und lebensumweltbezogene Themen und bieten politische, kulturelle und wissenschaftliche Partizipation. Das Vorhaben entwickelt sich bereits jetzt zum städtebaulichen Leuchtturmprojekt und generiert touristische Mehrwerte für Bremen.
Besonderheit
Die bewusste Integration einer urbanen Agrikultur durch den Investor und dessen Realisierung im frühestens Stadium der Quartiersentwicklung ist ein absolutes Novum in der Urban Gardening-Bewegung. Die langfristige Nutzungsvereinbarung mit dem Inhaber und die nachträgliche Anpassung an den städtebaulichen Gesamtplan schaffen die Voraussetzungen für eine Projektnachhaltigkeit jenseits der Zwischennutzung. Das Vorhaben kann sich im Sinne des Social Design frei entwickeln und muss keine Verdrängung durch immobilienwirtschaftliche Zielkonflikte befürchten. Vielmehr wird es als komplementäres und grünes Inklusionsprojekt, dass ein Gesamtpaket an sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitsmaßnahmen bei der Quartiersentwicklung flankiert, von allen Stakeholdern begrüsst.