Beschreibung
Wir haben in Oberhausen das neue Jobcenter mit einem integrierten, bewirtschafteten Dachgarten errichtet und im letzten Herbst eingeweiht. Bereits in der Wettbewerbsauslobung war die anspruchsvolle Aufgabe formuliert, dass das Gebäude und der Dachgarten als eine Einheit konzipiert und gebaut werden müssen, und dass die Ressourcen des Gebäudes – Dach, Wasser, Wärme bzw. Kühlung – in dem Dachgarten genutzt werden sollen. Die Infrastruktur des Gebäudes ist somit untrennbar mit dem Dachgarten verbunden. Mit wissenschaftlicher Unterstützung des Fraunhofer Instituts erforschen wir, wie bislang ungenutzte Ressourcen wie Grau- bzw., Brauchwasser in Zukunft auch genutzt werden können. Ziel ist es, keine Ressourcen an die Umwelt abzugeben, die einen Nutzen haben könnten.
Ziel
Mit der Realisierung dieses Projektes wollen wir zeigen, wie Nahrungsmittelproduktion in einer dicht versiegelten innenstädtischen Umgebung funktionieren kann und dass eine solche Produktion nachhaltig ist. In dem Dachgarten werden Kräuter, Salate, Erdbeeren und essbare Blumen angebaut. Es werden keine Pestizide eingesetzt, die Bewässerung erfolgt über das aufgefangene Regenwasser. Der Verkauf der Produkte aus der 5ten Etage erfolgt auf dem täglich stattfinden Markt auf dem angrenzenden Altmarkt, kürzere Wege zwischen Produktion und Konsumenten sind kaum möglich. Restaurants in der Umgebung nutzen die Produkte ebenfalls, so findet sich auf der Speisekarte des Restaurant Gdanska ein „Gewächshaussalat mit Hähnchenstreifen“ und der Salat „Altmarkt-Garten mit Mozzarella".
Herausforderungen
In dicht besiedelten und versiegelten Stadträumen ist es wichtig, Grünstrukturen zu erhalten oder diese neu zu schaffen. Da dies in der Konkurrenz mit einer baulichen Innenverdichtung nicht immer realisierbar ist, muss man auf ungenutzte Flächen ausweichen – und das sind die Dächer. Diese können extensiv oder intensiv begrünt werden, diese können aber auch zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden. Da der Dachgarten sich in die Umgebung öffnet, ist er nicht nur städtebaulich ein Hingucker, sondern auch ein Beitrag zur Klimaanpassung in einer Hitzeinsel in der Stadt. Außerdem werden die Wege zwischen Produktion und Konsument auf ein Minimum reduziert. Somit geht der ökologische Fußabdruck eines Salates aus dem Dachgarten der auf dem Markt verkauft und zu Hause verzehrt wird gegen Null.
Kooperationen
Das Projekt wurde von der Stadt Oberhausen, der OGM GmbH in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Umsicht Oberhausen konzipiert und umgesetzt. In enger Abstimmung mit dem Gewinner-Architekturbüro Kuehn & Malvezzi aus Berlin, den jeweiligen Fachplanern und der Bauleitung wurden Schritt für Schritt die geplanten Maßnahmen im Dachgarten umgesetzt. Mit der beauftragten Firma Exner Grüne Technik GmbH wurde die Inneneinrichtung und Erstbestückung mit Pflanzen realisiert. Die Bevölkerung wurde durch Fraunhofer Umsicht in den Prozess durch Veranstaltungen und Befragungen und Aktionen auf dem Altmarkt während der Bauphase mit einbezogen. Seit Fertigstellung finden regelmäßig Führungen statt und am Tag der offenen Tür fanden über 600 Interessierte den Weg auf den Dachgarten.
Mehrwert
Das Projekt ist in dieser Form in Deutschland einmalig. Gezeigt werden soll, dass mit einer integrierten Planung von Anfang an neue Ideen realisierbar sind und wie man eine derzeit noch unterschätze aber vorhandene Ressource – nämlich die Dächer – sinnvoll nutzen kann. Im nächsten Schritt gilt es zu zeigen, wie ein solches Konzept auch auf kleineren Flächen realisiert und wie nachträglich ein Dachgewächshaus in die Hausinfrastruktur integriert werden kann. Auch kleinere Flächen eignen sich zum Anbau von Nahrungsmitteln – früher war es der Garten hinter dem Haus, heute ist es der Garten auf dem Dach. Die Stadt New York produziert mittlerweile 1/3 des verkauften Gemüses innerstädtisch in New York. Viele andere Städte ziehen nach. Urban Farming ist ein weltweiter Trend und eine Zukunftsfrage.
Besonderheit
Dachgewächshäuser gibt es zahlreiche. Ein Dachgewächshaus, das Teil eines Gebäudes ist, gibt es zumindest in Deutschland nur in Oberhausen. Aus diesem Grund ist das Projekt auch vom Bund gefördert und als „Premiumprojekt der Stadtbauförderung“ ausgezeichnet worden. Durch die nachhaltige Nutzung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen leistet das Dachgewächshaus einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Außerdem verwirklicht es nachhaltige Nahrungsmittelproduktion. Derzeit wird viel darüber geredet was wir essen und vor allen Dingen woher unser Essen kommt. Dabei sind sowohl Produktionsmethoden als auch die Transportwege immer wieder negativ im Focus. Auf beide Fragen kann hier eine nachhaltige, zukunftsweisende städtische Antwort gegeben werden.