Lammegarten Bad Salzdetfurth

Bewerbung / lebenswerter Freiraum

Beschreibung

Während sich der neu angelegte Marktplatz in seiner Gestaltung maximal durch seine Homogenität und Unaufgeregtheit zurücknimmt und damit die historischen Fachwerkbauten in der Altstadt Bad Salzdetfurths zu Hauptakteuren erklärt, bildet auch die Revitalisierung des Zugangs zum Fluss Lamme den Zuschauerraum, um Natur und Flussbett zu bestaunen. Dort, wo der Fluss früher an seiner breitesten Stelle über ein Badehaus erschlossen und zuletzt über eine Ufermauer von der Innenstadt getrennt wurde, gibt es heute wieder einen freien Zugang zur Natur. Eine in ihrer Dimension angemessene Stufenanlage verbindet die Stadt mit dem Wasserniveau. Die Interaktion von Mensch und Natur ist genauso erklärtes Ziel wie die subtile Vermittlung und große Wertschätzung des historischen Erbes.

Ziel

Durch die Gestaltung des öffentlichen Raums wurde eine Aufwertung des historischen Gesamtensembles der Altstadt erreicht, die sich mit ihrer stadträumlichen Qualität als zukunftsfähiger und lebendiger Ort etablieren kann. Die Attraktivität wurde dauerhaft gesteigert sowie die gesamte Altstadt belebt. Neben einer insbesondere für Radfahrer und Fußgänger optimierten Verkehrssituation wurde die Wasserlage an der Lamme herausgearbeitet. Durch eine weitestgehend barrierefreien Gestaltung wird die Teilhabe diverser Anspruchsgruppen am öffentlichen Raums ermöglicht. Zudem wurden nicht nur Barrieren zwischen Mensch und Natur sondern auch unter Menschen abgeschafft. Insbesondere die Treppenanlage und die langgestreckten Bänke am Marktplatz animieren zum Dialog mit „zufälligen“ Sitznachbarn.

Herausforderungen

Sicher löst die Umgestaltung des Stadtkerns von Bad Salzdetfurth nicht die immensen Klimaproblemen, denen sich die Weltgemeinschaft stellen muss. Jedoch kann die Stadt in die Verantwortung gehen und einen Beitrag leisten, indem sie die Attraktivität für die Nutzung von Alternativen zum privaten Kfz erhöht und damit eine Mobilitätswende begünstigt. Dieser Aspekt zahlt ebenso auf die Einsparung von CO2-Emission ein wie die bewusste Wahl nachhaltiger Baumaterialien. Zeitgleich sensibilisiert der Entwurf – für die Geschichte einer Stadt und die Bedeutung von Naturraum. Der Brückenbau (über die Lamme) darf hier mehrdeutig verstanden werden: Die Umgestaltung des Ortes stiftet Identität und schafft durch seine hohe Aufenthaltsqualität Verbindungen – sowohl untereinander als auch mit der Natur.

Kooperationen

Die Grundlage des vorgeschalteten Wettbewerbs basiert auf Ergebnissen umfangreicher Bürgerbeteiligungsformate, durchgeführt durch die Stadt Bad Salzdetfurth. Prozessbegleitend wurden die Bürger zudem punktuell in den Planungsprozess integriert, beispielsweise in Testszenarien zur Beleuchtung. In Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeirat der Stadt Hildesheim wurde ein hoher Standard von Barrierefreiheit im innerstädtischen Raum entwickelt und umgesetzt. Keine Aufkantung ist höher als 3 cm. Selbst die Mulde zur Entwässerung und der Begegnung von Vielwasser übersteigt nicht diese Höhe. Taktile Querungen von der Gebäude- zur Uferkante wurden im Rahmen der Platzumgestaltung in den Marktplatz integriert.

Mehrwert

Mit der Installation des sogenannten Lammegarten ist ein wertvolles Biotop entstanden, das Lurchen und Insekten als Brutstätte dient. Zeitgleich zeigen Wasserzeigerpflanzen die Güte der Wasserqualität an und geben Rückschluss auf den PH-Wert. Damit ist der Lammegarten ist nicht nur eine Art Naturspielplatz, sondern auch außerschulischer Lernort. Indem die Natur sprichwörtlich mitten in der Stadt inszeniert wird, werden Erfahrungen ermöglicht, für die die Nutzer:innen zuvor hätten vor die Tore der Stadt reisen müssen. Zeitgleich wurde dem Fluss durch den Bau der Stufenanlage eine breitere Ausbreitungsfläche zugestanden. Den Bedarf nach Ausdehnung berücksichtigt der Entwurf ebenso wie den Wunsch, Natur und Mensch in einer gesünderen Koexistenz wieder einander anzunähern.

Besonderheit

Fern der reinen Nutzungsvorgabe hat sich POLA zur Aufgabe gemacht, den historischen Bezug zum Wasser wieder herzustellen und einen qualitativ hochwertigen Ort zu schaffen, der einen konsumfreien Aufenthalt in einer Prämiumlage bietet. Schauen wir auf den Umweltaspekt, so wurden Baustoffe rezykelt, lokale Materialien verwendet und dem Element Wasser wieder mehr Raum gegeben. Die Biodiversität hat zugenommen, verbunden mit einem Wissen über Natur vornehmlich durch Beobachtung. Auf Verstehen folgt bestenfalls Wertschätzung und die Förderung des Erhalts unserer Mitwelt. Die neuen Ergänzung nehmen sich gestalterisch zurück und bereiten dem Vorgefundenen eine Bühne. Der Entwurf will nicht verstellen, sondern inszeniert den Blick auf die historische Stadtkulisse und den angrenzenden Naturraum.